Wissenswertes vom Klugflug-Schlumpf
Warum ist die korrekte Schwerpunktlage bei einem (Modell-)Flugzeug so wichtig? Kurz gesagt führt der richtige Schwerpunkt dazu, dass ein Flugzeug nach einer Störung von außen (z.B. Windböe) aerodynamische Kräfte und Momente erzeugt, die der Störung entgegenwirken. Man spricht dabei von statischer Längsstabilität. An dieser Stelle sei erwähnt, dass dieser Beitrag nicht den Anspruch hat alle physikalischen Effekte bis ins Detail zu analysieren, sondern es geht primär darum ein grundlegendes Verständnis davon zu vermitteln welche Konsequenzen ein richtiger bzw. falscher Schwerpunkt haben kann.
Die Abbildung oben zeigt ein Flugzeug, dass z.B. aufgrund einer Windböe die Nase hochnimmt, was dazu führt, dass sich der Anstellwinkel und somit der Auftrieb erhöhen. Diese Auftriebszunahme ist am sogenannten Neutralpunkt eingezeichnet, welcher dem Punkt entspricht an dem die Summe aller aerodynamischen Kräfte (von Flügel, Höhenleitwerk, Rumpf, etc.) angreift ohne ein zusätzliches (Dreh-)Moment zu erzeugen. Um nun der “Nase hoch” Bewegung entgegenzuwirken, muss diese Kraft hinter dem Schwerpunkt angreifen, sodass das resultierende Moment die Nase wieder nach unten drückt. Mit anderen Worten muss der Schwerpunkt vor dem Neutralpunkt liegen. Da sich der Neutralpunkt eines Flugzeugs weitestgehend aus der Geometrie ergibt, wird typischerweise der Schwerpunkt z.B. durch Verschieben des Antriebsakkus so variiert, dass sich die oben beschriebene Position einstellt.
Zusammenfassung
- Stabilität: Wenn der Schwerpunkt richtig liegt, ist das Flugzeug stabil in der Luft und lässt sich gut steuern. Es kippt nicht so leicht nach vorne oder hinten weg.
- Kontrolle: Ein falscher Schwerpunkt macht das Fliegen sehr schwierig oder sogar unmöglich.
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- Schwerpunkt zu weit vorne: Das Flugzeug wird "kopflastig". Es neigt dazu, die Nase nach unten zu drücken und ist schwer hochzuziehen. Es kann sogar abstürzen, weil es nicht mehr zu kontrollieren ist.
- Schwerpunkt zu weit hinten: Das Flugzeug wird "schwanzlastig". Es wird sehr instabil, reagiert überempfindlich auf Steuerbefehle und kann leicht ins Trudeln geraten.
- Leistung: Ein richtig ausbalanciertes Flugzeug fliegt effizienter und benötigt weniger Energie, um in der Luft zu bleiben. In der manntragenden Fliegerei wird teilweise eine schwanzlastige Balance präferiert, um Kraftstoff zu sparen (“aft-load saves fuel”), was jedoch in der Modellfliegerei typischerweise keine signifikante Rolle spielt.
Kurz gesagt: Der richtige Schwerpunkt sorgt dafür, dass ein Modellflugzeug sicher, kontrollierbar und gut fliegt. Ist der Schwerpunkt falsch, kann das zu Problemen beim Steuern führen und im schlimmsten Fall zum Absturz. Deshalb ist es super wichtig, den Schwerpunkt genau nach den Angaben des Herstellers einzustellen!
Praxis-Tipps zur Einstellung des richtigen Schwerpunkts
- Typischerweise wird die korrekte Schwerpunktlage bzw. dessen optimaler Bereich vom Hersteller in der Anleitung des Modellflugzeugs angegeben. Dies ist der beste Ausgangswert und kann in den meisten Fällen auch nach der Flugerprobung so belassen werden.
- Sollten keine Herstellerangaben vorliegen oder es sich um einen Eigenbau handeln, können Computerprogramme wie WinLaengs helfen um einen Startwert zu ermitteln, welcher dann beim Einfliegen noch genauer abgestimmt werden kann.
- Nachdem der Schwerpunkt so gut wie möglich am Boden eingestellt wurde, kann das Modell beim Einfliegen aus ausreichend Sicherheitshöhe in einen leichten Bahnneigungsflug (kein senkrechter Sturzflug) gebracht werden, um das Eigenverhalten ohne Steuereingaben zu beobachten.
- Unterschneidet das Modell (wird der Steigflug steiler) ist das ein Hinweis auf einen zu weit hinten liegenden Schwerpunkt. Das Modell erzeugt ein verstärkendes Moment und ist somit flugmechanisch instabil.
- Nimmt das Modell die Nase selbstständig wieder nach oben deutet dies auf eine korrekte Schwerpunktlage hin. Das Modell erzeugt ein entgegen wirkenden Moments und ist somit flugmechanisch stabil.
- Erfolgt keine sichtbare Reaktion befindet sich der Schwerpunkt sehr nah bzw. genau auf dem Neutralpunkt sodass keinerlei Moment entsteht. Das Modell ist weder flugmechanisch stabil noch instabil, man spricht von indifferent.
- Im Zweifel sollte der Schwerpunkt, gerade bei Erstflügen, lieber etwas zu weit vorne gewählt werden (➡️ kopflastig).
- Bei einem einfachen Flügel liegt der Neutralpunkt bei etwa 25% der Profiltiefe. Durch andere Komponenten wie z.B. das Höhenleitwerk rutscht der Punkt für das Gesamtflugzeug typischerweise weiter nach hinten. Daher ist ein Schwerpunkt bei 25% der Profiltiefe meist ein guter Startwert. Wichtiger Hinweis: Diese Daumenwerte werden durch Parameter wie Flügelpfeilung, Zuspitzung etc. beeinflusst und sollten daher nur als Richtwerte genutzt werden.